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Der Lakehof in Belle

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Quelle:Stiewe, H., Upp. Bauernhöfe des 16.-19. Jahrhunderts

Am Ende des 16. Jahrhunderts war Belle mit 490 Einwohnern das größte Dorf im Hügelland zwischen Detmold - Barntrup und Horn. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde es von Bad Meinberg übertroffen, welches, durch den zunehmenden Kurbetrieb bedingt, eine stärkere Bevölkerungszunahme zu verzeichnen hatte.

Hier nun, nordöstlich von Belle, liegt der Lakehof als ein großer Einzelhof.ungefähr 450 Jahre lässt sich die Familiengeschichte dieses Hofes zurückverfolgen. Bis zum heutigen Tage wird der Hof von der Familie Lakemeyer bewirtschaftet.

Der Familienname "Lakemeyer" entstand im 16. Jahrhundert aus der Ortsbezeichnung des Hofes "upper Lake" (d. h. "oberhalb eines Teiches gelegen" in niederdeutscher Sprache). Dazu kam die Berufsbezeichnung "Meier" (heute ist das ein Verwalter).
Vor Jahrhunderten waren die Bauern den adligen Familien abgabepflichtig, d. h. sie mussten einen Teil ihrer Ernte an die Adligen abgeben. Zusätzlich hatten sie noch Diensttage zu leisten. Die Abgaben richteten sich nach der Größe des Hofes.

Hier siehst du in Abb. 2 rechts die alte Hofanlage mit den Haupt- und Nebengebäuden.

Im Laufe seiner langen Geschichte haben sich die Wirtschaftsverhältnisse mehrmals auf dem Hof geändert. Die Tabelle 1 rechts gibt dir nähere Auskunft.

 

Tabelle 1: Von der Bewirtschaftung des Lakehofes

1644 wird der Landbesitz des Lakehofes mit 290 Scheffelsaat Ackerland angegeben. Das sind ungefähr 49 ha. Dazu kommen noch Wiesen, Weiden und Holzungen. Wenn du das mit der Größe eines Fußballplatzes vergleichst, dann wären das ungefähr 66 Plätze. Mehr jedoch als in der Grundstücksgröße zeigt sich die Leistungsfähigkeit eines Hofes im "Viehbestand". Das spielte nämlich für die Landessteuer eine große Rolle.

Als "Vollspänner" gehörte der Hofbesitzer zur höchsten bäuerlichen Besitzklasse, d. h. er musste seinem adligen Grundherrn mit einem  vollen Gespann" (4 Pferde) Dienste leisten. Dazu waren alle Landbesitzer verpflichtet. Diese Dienste mussten hauptsächlich zur Feldbestellung und in der Erntezeit geleistet werden. Außerdem hatte der Lakemeyer im Jahre 1550 für seine Markländerei noch 60 Scheffel Roggen und Gerste sowie 60 Scheffel Hafer abzugeben. Dazu kamen 18 Diensttage in vollem Gespann.

Johann Wilhelm Lakemeyer gelang es im 19. Jahrhundert, sich aus der Leibeigenschaft freizukaufen. Somit wurden die Hand- und Spanndienste abgelöst, und es entstand eine größere Freiheit für den Bauern.

Die Tabelle 1 bietet Dir ein anschauliches Bild vom kostbarsten Teil des Vermögens vor ungefähr 400 Jahren.

Ein Pferd hatte beispielsweise einen Wert von 30 Talern. Das war der 6fache Betrag dessen, was ein Knecht im Jahr verdiente.'
Lakemeyers haben stets großen Wert auf einen guten Pferdebestand gelegt. Um so schlimmer traf es den Besitzer, als er im 30jährigen Krieg zweimal alle Pferde verlor. Das bedeutete den vollen Wert seines gesamten Verdienstes in einem Jahr.'
Auf Rindvieh wurde hier auf dem Lakehof weniger Wert gelegt. Erkenne kannst du das daran, daß 1644 unter den Gebäuden ein stattliches Pferdehaus aufgezählt ist, aber kein eigener Stall für Kühe - Rinder Kälber und Ochsen.

Großer Wert wurde hingegen auf die Schafe gelegt. Über mehrere Jahrhunderte betrieb der Lakehof deren Zucht. Die angrenzenden Bergkuppen boten auch genügend Nahrung.

 Im Jahre 1829 wurde im "Lippischen Salbuch" festgelegt, wann und wo der Lakehof seine 350 Schafe weiden lassen dürfe? Da die Schäfer des Hofes sich nicht immer danach richteten, gerieten sie häufig mit anderen Leuten in Streitigkeiten, was nicht selten in Prügeleien ausartete.

Mit dem Ende des vorigen Jahrhunderts wurde dann die Schafzucht aufgegeben, als sich der Lakehof mehr auf die Milchwirtschaft umstellte, da die Schafwolle billiger vom Ausland importiert wurde.
Schon vor 400 Jahren mussten alle Knechte vom Hofe verzeichnet werden, da sie für die Steuerabgaben von großer Wichtigkeit waren. Die Mägde waren ausgenommen.
"Lakemeyer gab an, er habe insgesamt 5 männliche Personen als Gesinde. Bei ihm seien 3 seiner Söhne als Knechte tätig. Dem Johann säe er als Naturallohn je 1 1/2 Scheffel Wicken, Roggen und Gerste.
Dem Ernst und dem Bernd gäbe er je einen Sack Gerste und säe er je einen Scheffel Wicken und einen Sack Roggen. Der Schäfer habe als Entgelt 23 Schafe und 1 Scheffel Gerste gefordert. "4

Kurz nach dem 30jährigen Krieg gab man im Lande Lippe einem Knecht, der den Sommer über allein gepflügt hatte, einen Lohn von 7 Talern, der Winterlohn betrug 3 Taler. Dazu bekam er im Jahr 2 Paar Schuhe und 2 Hemden.
Eine gute Hausmagd erhielt jährlich 2 Taler, 2 Paar Schuhe, 16 Ellen Laken, 8 Ellen schmal Tuch, 1/2 Scheffel Leinen.

Früher benutzte man sog. Schüttmaße (ein altes Hohlmaß) für das Messen des Getreides. Wenn beispielsweise die Löhne für die Arbeiter bezahlt werden meten, das Korn verkauft wurde oder aber die Abgaben an den Grundherrn fällig waren, benutzte man das Scheffelmaß. Ein Stück Land also, das mit einem Scheffel Getreide eingesät wurde, war eine Scheffelsaat. 1 Scheffel = ca. 22,8 Liter, 1 Scheffelsaat = ca. 800 bis 900 qm

Wie es früher auf den Bauernhöfen allgemein üblich war, lernten sowohl die Söhne, als auch die Töchter die Land- bzw. Hauswirtschaft bei den Eltern.

Zur Hofanlage.

Sieh dir noch einmal die gesamte Hofanlage nach der Luftaufnahme von 1956 an. Hier findest du neben dem Haupthaus die Nebengebäude unregelmäßig angeordnet. Heute ist von diesen Gebäuden nur noch das alte Haupthaus von 1708 erhalten und das ehemalige große Leibzuchthaus. Letzteres wurde 1902 zum Wohnhaus umgebaut. Die Scheunen und der um 1900 errichtete Pferdestall-Anbau am Haupthaus wurden Ende der 60er Jahre abgebrochen.

Der Torbogen des alten Haupthauses weist noch heute eine interessante Inschrift auf

Inschrift:
Anno 1708 , DEN 27. JUNIUS
Verbirg dein Antlitz nicht fur mihr und verstosse, nicht im Zorn deinen Knecht den de bis meine Hutfe. Las mich nicht. und thue nicht von mir die Hand ab. Gott mein Heil. den mein Vatter und meine Mutter verlassen mich . aber der Herr nimt mich auf .

Aufgabe: Übersetze den Spruch.

Auf jedem Hof gab es neben dem Haupthaus ein eigenes Haus für die Leibzucht, das war ein Gebäude für die Altenteiler. Das besagt: Heiratet der Sohn des Hauses, so ist er verpflichtet, dem "Altbauern" das sog. Leibzuchthaus mit etwas Vieh und Land als Altersversorgung zu überlassen. Das wurde bereits bei der Heirat vertraglich geregelt. Näheres hierzu findest du im Hörspiel.

Aufgabe: Spiele nach, wie der Altbauer seinen Hof vererbt und In die Leibzucht zieht!

In Lippe sind die alten Bauernhäuser meist Fachwerkhäuser. In unserer Heimat finden wir besonders das sog. niederdeutsche Hallenhaus vor. Bei dem Haupthaus des Lakehofes handelt es sich um ein Vierständerhaus. Das Fachwerk zimmerte man aus Eichenbalken. Diese sogenannten "Gefache" wurden mit geflochtenen Weidenruten und Lehm ausgekleidet. Die Einteilung der großen Höfe hatte immer eine gewisse Ähnlichkeit. Geht man durch die große Tür, so kommt man auf die Deele, das sog. Mittelschiff. Dieses war der Arbeitsraum für die Bauern, hier fuhr man auch mit den Erntewagen ein. Es galt als Hauptraum des Hauses und hatte mehrere Funktionen zu erfüllen. Die vorderen 2/3 dienten als Dresch- und Futtertenne. An den Seiten wurden die Pferde und Kühe untergebracht. Am Ende der Deele, also im letzten Drittel, war der Wohntell, der Wirtschaftsraum der Hausfrau, auch Flett genannt. Er war sowohl Herd- als auch Eßplatz und Aufenthaltsraum. Dahinter befanden sich Stuben und Schlafkammern. Von hier aus konnte die Hausfrau, wenn sie einmal krank war, auch das Treiben auf der Deele beobachten und Anordnungen treffen.

Bis 1902 war das frühere Haupthaus Wohnung der Meierfamilie und des Gesindes. Heute dient es nur noch im Deelenteil als Geräte-, Lagerraum und Treckerschuppen.